
Eine Heldin kehrt zurück – 28 Jahre später
Ein Täter kehrt ja bekanntlich immer wieder an den Tatort zurück. Manchmal dauert es halt ein bisschen – sagen wir, 28 Jahre. Und auch wenn in diesem Fall keine Straftat vorliegt, ist die Leistung von Dorothee Bittner auf ihre ganz eigene Weise kriminell gut.
Dorothee ist die erste „eiserne Lady“ des Trisport Erding. Bereits 1997 absolvierte sie als erste Frau ihres Vereins die legendäre Ironman-Distanz in Roth. Und nun, mit 60 Jahren, kehrte sie an die Startlinie zurück – dieses Mal bei der Challenge Roth in Unterfranken. Warum? „Mit diesem Rennen hatte ich noch eine Rechnung offen“, sagt sie im Gespräch.
Doch was kaum jemand wusste: Diese Rückkehr war ein echtes Geheimprojekt. Außer ihrem Sohn Mark und Ehemann Franz wusste niemand von ihrem Vorhaben. „Ich habe es niemandem erzählt – die hätten mich alle für verrückt erklärt.“ Denn: 28 Jahre konsequentes Training? Schön wär’s. „Ich bin oft krank, habe Probleme mit der Brustwirbelsäule, Lagerungsschwindel – und dazu immer wieder heftige Erkältungen“, erzählt sie offen. „Gedanklich habe ich meinen Start 50 Mal abgesagt – zuletzt vier Tage vor dem Rennen.“
Und auch die Vorbereitung? Mehr Improvisation als Ironman-Plan. „Ich bin insgesamt vielleicht 55 Kilometer geschwommen – ausschließlich im Becken. Gelaufen bin ich kaum, am meisten Zeit habe ich auf dem Crosstrainer verbracht. Radfahren ging besser, im Winter viel mit Zwift.“ Kein klassisches Trainingsprogramm – aber typisch Doro: mit Herz, Willen und einer Portion Trotz.
Der Renntag selbst? Ein echtes Wechselbad der Gefühle. „Ich bin mit der vorletzten Startgruppe um 8:10 Uhr ins Wasser. Wäre das meine erste Langdistanz gewesen – ich hätte abgebrochen. Das Schwimmen war echt eine Katastrophe.“ Auf dem Rad lief es etwas runder, doch beim Marathon kam der Einbruch. Übelkeit, Dunkelheit, Erschöpfung. „Den Cut-Off bei Kilometer 30 hab ich gerade noch geschafft.“ Ausgerüstet mit neuer Stirnlampe, Ehemann und Sohn immer an ihrer Seite, ging es auf die lange Zielgerade Richtung Frankenstadion. „Ohne die beiden hätte ich es nicht geschafft.“
Denn Aufgeben? Keine Option. „Ich habe grundsätzlich eine positive Einstellung – und oft an Jonas Deichmann gedacht, der die Challenge 120 Mal hintereinander gemacht hat. Wenn der das schafft – dann kann ich das einmal.“

Und dann war er da, der Moment: Zieleinlauf um 23:05 Uhr. Das Stadion – noch immer voll, tosender Applaus, Gänsehaut pur. „Das war ein einmaliger Moment. Diese Langdistanz ist das Wichtigste, was ich je gemacht habe. Ich bin so stolz.“ Und das zu Recht – Doro schaffte es mit ihrer Leistung sogar in den Bericht der Abendschau im BR.
Ist das Triathlon-Kapitel damit abgeschlossen? Noch nicht ganz. „Es hat einfach so viel Spaß gemacht – und ich hab ja auch einiges an Equipment angeschafft. Das
muss ich jetzt auch nutzen“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Im Blick: die Mitteldistanz am Brombachsee – Ende August. Nur eines ist sicher: Als Geheimprojekt wird das diesmal nicht mehr funktionieren.
Liebe Doro – ganz herzlichen Glückwunsch! Was für eine Leistung, was für eine Geschichte. Ironwoman durch und durch.
