Ich parke am Parkplatz des Wörther Weihers, das Autothermometer zeigt 24,5 Grad. Die Sonne schafft es zwar nicht durch die Wolken, aber gut, Badewetter ist trotzdem. Irgendwie, für irgendwen…aber sicher nicht für mich. Ich sitze mit dickster Winterjacke, Pudelmütze und Handschuhen im Auto und finde die 24,5 Grad Innentemperatur gerade angenehm. Draußen hat es -6 Grad, der Weiher ist dick zugeschneit – wenn auch nicht zugefroren – und ich überlege ernsthaft, ob ich wirklich aussteigen mag. Wie man bei dieser Kulisse überhaupt an Baden im Freiwasser denken kann, ist mir absolut schleierhaft. Mit dieser Meinung bin ich an diesem Sonntag um 16 Uhr aber ziemlich allein.
Neun Trisportler ziehen derweil fleißig ihre Runden (noch) um den Weiher, gemeinsames Warmlaufen vor dem Gang ins eisige Nass. Ich schäle mich aus den Handschuhen (Spoiler: das einzige Kleidungsstück, das ich an diesem Nachmittag gedenke abzulegen) und tauche meine Fingerspitzen an der Stelle ins Wasser, an der ich es vergangenen Sommer zumindest bis zu den Waden reingeschafft habe. Ich bin – was Wassertemperaturen angeht – unfassbar empfindlich.
„Alles Kopfsache“, lächelt mir Annette Simon zu, während sie ohne mit der Wimper zu zucken von Lauf- in Badeklamotten wechselt. Die anderen acht tun es ihr gleich. Und bevor ich überhaupt ein paar Fragen stellen kann, steht die Truppe in Nullkommanix bis zu den Achseln im Wasser. „Es tut nur die erste Minute weh, dann spürt man nichts mehr“, erklärt Arnd Zabka. Wie beruhigend. Rolf Simon legt noch einen drauf: „Ich empfehle die Familienplanung abgeschlossen zu haben. Dir friert alles ein.“ Zumindest die Laune scheint es einem im Eiswasser nicht zu verderben.
5 Minuten sind für alle das Ziel. „Aber es ist selbstverständlich keine Pflicht. Jeder bleibt solange im Wasser wie er mag, nur bitte keine 20 Minuten“, rät Winfried Kretschmer, der die Gruppe 2003 gründete und neulich einen vereinsinternen Workshop zum Thema Winterschwimmen gab.
Den hat auch Kathi besucht, die im Gegensatz zu vielen, sogar die Hände ins Wasser taucht. „Ich wollte mich aus der Komfortzone holen, Grenzen überschreiten“, erzählt sie. „Und in der Gruppe fällt es definitiv leichter sich zu motivieren als allein.“ Dem muss ich zustimmen. Ich spüre einen Spirit, der tatsächlich ansteckend ist und ich ertappe mich dabei, ernsthaft nachzudenken, ob ich das nicht auch schaffen kann. Mich zu überwinden, einfach mal machen. Schließlich hat Winterschwimmen etliche positive gesundheitliche Aspekte, von denen Breiten- als auch Leistungssportler profitieren. Durch den extremen Kältereiz wird der gesamte Körper aktiviert, der Kopf hingegen entspannt – weshalb viele das Winterbaden auch als eine Art Meditation nutzen. Zudem wirkt das kalte Wasser entzündungshemmend, es fördert die Wärmeregulierung des Körpers und wird sogar zur Therapie von Depression eingesetzt. Das Eiswasser sorgt für einen Frischekick im Gehirn. „Man fühlt sich hinterher einfach rundum wohl“, strahlt mich Otti Freund an, während sie sich schon wieder trockenrubbelt und in ihre kuscheligen Fäustlinge schlüpft. Auch die anderen streifen sich so zügig wie möglich warme, trockene Sachen über (das absolute A und O) und drehen nochmals ein paar Runden um den Weiher, um wieder warm zu werden. Damit man das volle positive Potential des Winterschwimmens ausschöpfen kann, gilt es ein paar wenige, aber durchaus wichtige Dinge zu beachten. Die Do’s and Dont’s des Winterbadens sozusagen.
Und so schnell wie alle im und aus dem Wasser waren, sind sie auch schon wieder weg. Ich sitze wieder im Auto, Heizung auf volle Pulle und lasse die letzten 30 Minuten Revue passieren. Nein, Winterschwimmen ist definitiv nichts für mich. Ziemlich sicher. Wahrscheinlich. Vielleicht, mal sehen, Zuschauen aber ganz sicher. Am 6. Januar 2023, wenn das Dreikönigsschwimmen endlich wieder stattfinden wird. Anmeldung und alle Infos zur Veranstaltung gibt es hier.
(Text/Bild: Caroline Cornfine)